Die Einrichtungen der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul in Hildesheim dienen der Verwirklichung der Zielsetzung dieser Ordensgemeinschaft:
Durch den Dienst der Barmherzigkeit und im Geist des hl. Vinzenz von Paul und der hl. Luise von Marillac wollen die Barmherzigen Schwestern den Menschen in christlicher Nächstenliebe begegnen und helfen. Den apostolisch-caritativen Dienst erfüllen sie in Orientierung am Evangelium und im Auftrag der katholischen Kirche.In der Begegnung mit den Menschen in unseren Aufgaben und Arbeitsbereichen leitet uns das christliche Menschenbild. Die Würde des Menschen in jeder Lebensphase und ohne Rücksicht auf Geschlecht, Volk, Rasse, Weltanschauung, Religion und gesellschaftliche Stellung zu achten, seine Rechte zu fördern und zu schützen, soll all unser Handeln bestimmen.Vinzenz von Paul sagt:„Hochachtung bewegt den Willen zur Liebe. Sie erweckt jene Ehrerbietung und Zuneigung, die man dem Mitmenschen schuldet, und gibt sich kund in allem, was man spricht und tut". Zu den derzeitigen Aufgabenfeldern in Deutschland und in Peru gehören unter anderem:
Wir, die Barmherzigen Schwestern, vollziehen unseren Dienst in den jeweiligen Einrichtungen zusammen mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Als Dienstgemeinschaft wollen wir dieses Werk in gemeinsamer Verantwortung und vertrauensvoller Zusammenarbeit tragen. Nachfolgendes „Pädagogisches Konzept" will Hilfe und Anregung für die Erzieherinnenteams sein, sich in den einzelnen Kindertagesstätten gemeinsam immer wieder neu auf den Weg zu machen, um auf der gegebenen Grundlage des Konzeptes die tragenden Elemente und die Ausrichtung unserer pädagogischen Tätigkeit zu erarbeiten und miteinander weitere Schritte der Ausgestaltung zu suchen. Es möge Wegweisung für den Dienst und die Atmosphäre in unseren Kindertagesstätten sein. Das hier formulierte „Pädagogische Konzept" dient gleichzeitig der Information über das pädagogische Angebot in unseren Kindertagesstätten.
Hildesheim, den 1. August 1995
Die Generaloberin
1. Vorwort
Auf der Grundlage unserer Präambel nimmt die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Hildesheim als Trägerin von Tageseinrichtungen für Kinder öffentliche Aufgaben wahr. Im Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) ist die rechtliche Grundlage zum Betrieb von Tageseinrichtungen für Kinder in freier Trägerschaft geregelt. In der Ausführung unserer Tätigkeit sind wir zusätzlich an die Rahmenbedingungen des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder in Niedersachsen (KiTaG) gebunden. Als caritativer Orden gehört die Kongregation mit ihren Einrichtungen dem Deutschen Caritasverband als Dachorganisation katholischer sozialer Einrichtungen an. Die Kindertageseinrichtungen (Kindergärten) in der Trägerschaft der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul sind ein Angebot für Kinder - und damit auch für ihre Familien-, das sich an einem vom christlichen Glauben geprägten Verständnis von Mensch und Welt orientiert. Sie sind somit ein Angebot für Familien, die die christlich fundierte Ausrichtung unserer Arbeit grundsätzlich respektieren. Unsere Einrichtungen sind offen für Kinder aller Nationen und Religionen. Für die Aufnahme von Kindern gelten soziale und sozialpädagogische Kriterien. Das „Pädagogisches Konzept" wurde in einer Konzeptgruppe der Trägerin erarbeitet. Begleitet und beraten wurde die Konzepterarbeitung von Frau Brigitta Riedel, langjähriger Fachberaterin im Referat Kindertagesstätten beim Caritasverband der Diözese Hildesheim. Frau Riedel sei für ihre kompetente und engagierte Mitarbeit herzlich Dank gesagt!
"Der Weg der Kirche ist der Mensch" (A.d. Enzyklika Redemptor hominis)
2. Grundlagen unserer pädagogischen Arbeit
2.1 Christliches Menschenbild
Unserer Arbeit liegt das Verständnis vom Menschen zugrunde, wie er in der Person Jesu Christi für uns sichtbar wird. Zwei Merkmale charakterisieren den Menschen in herausragender Weise. Er ist Geschöpf und als solches Abbild Gottes. Zugleich hat er teil an Gottes Schöpfungskraft und ist persönlich gerufen, Heil zu wirken. Vor allem ist der Mensch von Gott bedingungslos geliebt und angenommen. Darin liegt die Individualität eines jeden begründet, die ihm geschenkt ist und respektiert werden soll. Sie ist Ausdruck der Ebenbildlichkeit Gottes und verwirklicht sich im Zusammenspiel von Freiheit und Bindung unter dem Anspruch des eigenen Gewissens in Orientierung am Evangelium und an der Lebenspraxis Jesu. Gott hat den Menschen für das Miteinander geschaffen, ihn daraufhin ausgerichtet. Nach christlichem Verständnis ist er zum Mit-mensch-sein berufen. Der Mensch lebt aus der Gegenseitigkeit des Angewiesenseins, des Beschenktwerdens und des Schenkens. Das setzt voraus, den jeweils anderen in seinem Anderssein zu achten, ihn einerseits in seiner Begrenztheit und andererseits in seiner jeweiligen Größe zu sehen und anzunehmen, ihm zu helfen, seine Möglichkeiten zu entfalten, ohne ihn zu manipulieren, vielmehr ihn freizusetzen zu einer Lebensgestaltung in Selbstverantwortung. Eine so verstandene Teilhabe am Schöpfungswerk führt zu universaler Solidarität. Diese fordert heraus, sich wie Christus dem Mitmenschen zuzuwenden und ihm in seiner jeweiligen Situation zu begegnen: den Verirrten zu suchen , den Vertriebenen zurückzuführen, den Verletzten zu verbinden, den Schwachen zu kräftigen, den Starken zu behüten, für einen jeden zu sorgen, wie es recht ist (vgl. Ezechiel 34,16). Es geht um die Annahme des Menschen um seiner selbst willen und darum, einem jeden zu seinem Recht auf Leben zu verhelfen. Trotz möglichen Scheiterns und Versagens kann dies immer wieder neu in der Haltung der Hoffnung und des gegenseitigen Gebens und Nehmens gelebt werden. Der Frage und Suche nach dem Sinn des Lebens kommt eine besondere Bedeutung zu. Der Christ ist davon befreit, sich diesen Sinn selber geben zu müssen. Er wird ihm in Gottes Offenbarung zugesagt und verlangt des Menschen Antwort. Sinn und Sinnfindung ist dem Menschen gegeben und zugleich seine Aufgabe. Dabei begleitet ihn die Zusage, dass Gottes zuvorkommende Liebe dies bereits umfasst und ermöglicht. Gott ist jene Macht, die den Menschen in die Freiheit, Möglichkeit, aber auch bleibende Aufgabe des Selbstvollzuges setzt und all dessen Grund ist.
2.2 Pädagogik im Wandel
Für unsere pädagogische Arbeit ist es uns wichtig, Veränderungen in der Gesellschaft wahrzunehmen und zu beobachten und uns den Herausforderungen zu stellen, die Wandel und fortschreitende Erkenntnis mit sich bringen.Eine kritische Überprüfung des jeweils Neuen und eine gleichzeitige Reflexion unserer Arbeit und Zielsetzung sowie eine Rückbindung an grundsätzliche pädagogische und christliche Werte, ist dabei ständig gefordert. Wegweisung werden wir dabei immer wieder im Werk und Vorbild großer Pädagogen suchen und finden können. Zu ihnen gehören für uns J. H. Pestalozzi, F. Fröbel, M. Montessori, J. Korczak, R. Steiner und andere, die sich durch einen umfassenden, wohlwollenden Blick auf das Kind und eine in die Freiheit, Selbständigkeit und Selbstverantwortung, aber auch Mitmenschlichkeit führende Erziehung auszeichnen. In besonderer Weise dient uns als Orientierung die Arbeit und das Werk der österreichischen Kindergartenpädagogin Mater Margarete Schörl. Veränderungen in unserer Erziehungsarbeit können nur in Orientierung am Kind, seiner besonderen Entwicklungssituation und seinem Kind-sein geschehen. Das bedeutet für uns deshalb auch eine Auseinandersetzung mit dem Gedankengut und den Forschungen z.B. aus Bereichen der Entwicklungspsychologie, der Anthropologie, der Lern- und vergleichenden Verhaltensforschung. Vor allem anderen aber wissen wir uns verpflichtet zu eigenem intensiven Beobachten und Reflektieren.
2.3 Lebenswirklichkeit der Kinder und Familien
Die Welt, in der Kinder und Familien in Deutschland heute leben, ist geprägt von den Veränderungen der letzten Jahrzehnte. Einige Beispiele sollen die Merkmale dieser veränderten Welt verdeutlichen:
Unterschiedliche Medien informieren umfassend über alle Gebiete der Erde, sie tragen die Not und die Erfolge fremder Menschen direkt in die Wohnungen. Die unmittelbare Konfrontation mit dem Elend vieler Menschen, mit Krieg und Gewalt erschreckt und löst besonders bei Kindern Angst aus. In vielen Bereichen der Freizeitgestaltung haben technische Kommunikationsmittel einen breiten Raum eingenommen. Technische Kommunikationsmittel aber können menschliche Gemeinschaft nicht ersetzen. Die Begriffe Machbarkeit und Reizüberflutung bezeichnen zwei Wirklichkeiten, die das Leben von Kindern und Erwachsenen nachhaltig beeinflussen. Technische Risiken und ökologische Veränderungen sind zu einer akuten Bedrohung geworden. Der unbeschwerte Umgang des Kindes mit der Natur ist gestört. Wohnumfeld und Straßen, Wohnungen und Haushalt sind zum Teil durch Automatisierung und Technisierung zu lebensbedrohenden Gefahrenquellen geworden und enthalten kaum noch natürliche Spielräume für Kinder. Fehlende Bewegungsmöglichkeiten behindern das Kind in seiner Aktivität und seinem eigenverantwortlichen Handeln. Die Arbeitswelt der Erwachsenen ist abgetrennt von Wohnung und Familie. So erleben Kinder die Eltern selten bei der Ausübung ihres Berufes. Das erschwert ein natürliches Hineinwachsen in die Erwachsenenwelt.
2.4 Familiensoziologische Situation
Die Familien waren früher in überschaubares soziales Umfeld eingebunden. Die Lebenswirklichkeit der Kinder und Familien gestaltet sich heute wesentlich komplexer, weniger versteh- und durchschaubar, und die Vereinzelung schreitet fort. Neben der traditionellen Familie, die heute in vielen Fällen eine Kleinfamilie mit ein bis zwei Kindern ist, haben sich neue Formen des Zusammenlebens entwickelt. Immer häufiger gibt es alleinerziehende Mütter oder Väter und Paare, die in eheähnlichen Gemeinschaften oder in Wohngemeinschaften zusammenleben. Das Leben in sozialen Kontakten muss immer häufiger geplant und organisiert werden. Situationen wie Arbeitslosigkeit, psychische Erkrankung, Abhängigkeiten und Süchte unterschiedlicher Art, Gewalt, Trennungssituationen durch Krisen in der Partnerschaft oder Scheidung bedeuten für Familien, und in ihnen besonders für die Kinder, zunehmend eine große Belastung. Frauen wollen oder müssen immer häufiger Familien- und Berufsleben miteinander verbinden. Familien sind verstärkt auf familienergänzende Angebote angewiesen, um ihren Kindern Sozialkontakte mit Kindern verschiedener Altersstufen zu ermöglichen, den Kindern Spielräume zu eröffnen, die das eigene Wohnumfeld nicht bereithält, in Erziehungsfragen Austausch mit anderen Eltern und Erziehenden pflegen zu können.
2.5 Persönliche Situation des Kindes / Kindsein
Das kleine Kind zeigt eigene, seinem Alter entsprechende Wesensmerkmale in seinem fühlen, Denken und Äußern. Aufgabe des Erziehenden wird es immer wieder sein, sich in die Welt des Kindes hineinzuspüren, um es entsprechend der ihm eignen Situation begleiten zu können. Spezifisch für das drei- bis sechsjährige Kind sind:
Um sein Menschsein in guter Weise weiterentwickeln zu können, braucht das Kind besonders die Gewissheit des Geliebtwerdens, des Angenommen- und Geborgenseins. Es ist auf verlässliche Beziehungen angewiesen und braucht Vorbilder, die es beobachten und nachahmen kann, an denen es Orientierung für sein eigenes Tun, für sein eigenes Leben findet. Das kleine Kind braucht die Möglichkeit der Entfaltung in allen Grunddimensionen menschlicher Fähigkeiten, keine Fixierung nur auf Erkennen und Denken. Das Kind sucht Orientierung in verlässlicher, Ruhe und Sicherheit vermittelnder, Wiederkehr. Es lebt ganz in der Gegenwart. Ihm muss das „Recht auf den heutigen Tag" (J. Korczak) zugesichert sein, die Möglichkeit, im Jetzt ganz so Dasein zu dürfen wie es ist, mit seinen Fragen und Bedürfnissen. Im ganz Jetzt-da-sein behält das Kind seine Lebensintensität, erhält und entwickelt es seine Ausdauer, Konzentration, Lernbereitschaft und Lebensfreude. „Der Erzieher ist nicht verpflichtet, Verantwortung für die entfernte Zukunft auf sich zu nehmen - aber er ist voll verantwortlich für den heutigen Tag." (Korczak, J.in:Scheuerl. Hrg., 1992, S. 322) Jedes Kind geht seinen eigenen, einmaligen Entwicklungsweg, seine eigenen Entwicklungsschritte, Die hierfür benötigte Zeit muss jedem Kind eingeräumt sein, damit es sei Werden und Können wachsen lassen, erproben und festigen kann. Nur ein gefestigter Grund kann dann auch den jeweils nächsten Schritt gelingen lassen. In seiner Entwicklung nicht zu früh Leistungsvergleichen ausgesetzt zu sein, erleichtert es dem Kind, diesen ihm eigenen Weg zu gehen und sich ganzheitlich entwickeln zu können. Die wesenseigene Handlungsform des Kindes ist das Spiel. Zu spielen bedeutet für das Kind ernsthafte Tätigkeit, „Arbeit" und gleichzeitig zweckfreies, lustvolles Tun, in dem es sich erproben und entwickeln kann. Im freien und bewegten Spiel kann es sich ausdrücken und Neues erfahren.
2.6.1 Gemeinschaftssituation des Kindes
Der Besuch des Kindergartens bedeutet für viele Kinder
Das kleine Kind fühlt sich schnell der Kindergruppe zugehörig und prägt sich die einzelnen Kinder in kurzer Zeit ein, vorausgesetzt, es existiert eine überschaubare Gruppenstärke. Von seiner kognitiven und von seiner sozialen Entwicklung her ist es aber nur eingeschränkt gemeinschaftsfähig. Es nimmt die Gruppe nicht als Ganzes wahr, kann nicht mit allen gleichzeitig alles mit Freude tun, sondern wendet sich spontan einzelnen Kindern zu und bildet mit ihnen kleine Spielgruppen. In dieser Form des kleinkindlichen Miteinanders wird das Füreinander, die Fähigkeit zu Kooperation und Gemeinschaft eingeübt. Das Leben in einer Kindergruppe bedeutet für das Kind neben der Erfahrung von Freude und lustbetontem Handeln auch Anstrengung und nervliche Belastung. Außer einer pädagogisch durchdachten Strukturierung des Raumes ist die Beziehung zwischen Erzieherin* und Kind, die Beziehung von Kind zu Kind und auch die Beziehung der Erzieherinnen untereinander für das Gelingen des Miteinanders in einer Kindergartengruppe von entscheidender Wichtigkeit. Für die angemessene Förderung des Kleinkindes hat sich die altersgemischte Gruppe als vorteilhaft erwiesen. „In der altersverschiedenen Gruppe können die jeweiligen Entwicklungsschritte ungehindert von Wetteifer, Anpassungszwang und Überforderung getan werden. Die Leistungsunterschiede können unter verschiedenaltrigen Kindern so natürlich empfunden werden, wie sie wirklich sind; sie bedeuten in dieser Gruppierung nur natürliche Anreize. Ein gesunder Ansporn der altersgleichen Kinder untereinander fehlt auch in der altersverschiedenen Gruppe nicht." (Schmaus, M./Schörl, M., 1986, S. 22) Eine Kindergartenpädagogik, die diese Gemeinschaftssituation des Kindes berücksichtigen will, muss
3.1 Erziehung
Erziehung ist Führung zur Mündigkeit und meint jene Situationen des Lernens, in denen unter Wahrung der Freiheit und Individualität des einzelnen Hilfe zur Selbstentfaltung gegeben wir. M. Montessori drückt dies in dem Wort aus: "Hilf mir, es selbst zu tun." Das im jeweiligen Menschen Angelegte soll sich weiterentwickeln dürfen. Dabei ist auf zwingende Zielvorgaben und manipulative Einflussnahme zu verzichten. Vielmehr ist gefordert, die Möglichkeiten und Konsequenzen von Handeln und Ver-halten darzulegen und dem Zu-Erziehenden die freie Entscheidungsfähigkeit zu belassen. Die Methoden der Erziehung liegen in der Führung, Begleitung, Beratung, vorausschauenden Fürsorge und im Vorbild. Das Ziel der Erziehung ist es, ihr eigenes „Ende" Herbeizuführen, sobald die Erziehung in Selbsterziehung übergegangen ist. In einer Atmosphäre der Offenheit, der Toleranz, der Freiheit und des Vertrauens kann sie sich in guter Weise vollziehen. Ein wesentlicher Bestandteil ist dabei von Seiten des Erziehenden das Anteilgeben an eigenen Erfahrungen, das Erzählen und Mitteilen, das miteinander Teilen, um dem Zu-Erziehenden Deutungsmuster seiner eignen Erfahrungen aufzuzeigen. Dabei kommt der Beziehung eine besondere Bedeutung zu. Sie ist geprägt von der Wechselseitigkeit und beinhaltet eine gegenseitige Hilfe sowohl der Zu-Erziehenden untereinander als auch zwischen Erziehendem und Zu-Erziehendem. Voraussetzung dafür ist Liebe zum anderen und zu dessen Verwirklichung von Lebensentwurf, sowie Freude an der Vielfalt.
3.2 Religiöse Erziehung
Die religiöse Erziehung umfasst in spezifischer Weise die Frage des Menschen nach dem Sinn seines Lebens, nach dem, was ihn übersteigt. Sie beinhaltet den Prozess der Sinnsuche und der Sinnantwort. Ziel aller religiösen Erziehung ist es, sich dieser Frage bewusst zu werden und sich ihr zu stellen. Das aber heißt auch, solche Sinnantworten in den Lebenssituationen und im Miteinander-leben zu entdecken.
3.3 christliche Erziehung
In der christlichen Erziehung liegt das Angebot einer konkreten Sinnantwort vor, die dem Zu-Erziehenden nicht einfach „übergestülpt" werden kann, sondern den Charakter eines Vorschlages hat. Christlich erziehen heißt, den christlichen Glauben mit den Kindern zu leben im Sinne der Einladung : „Kommt und seht" (Joh 1,39).
4. Unsere pädagogische Arbeit
4.1 Ausformung unserer allgemeinen pädagogischen Arbeit
Unsere praktische pädagogische Tätigkeit orientiert sich an der von M.M. Schörl entwickelten Pädagogik, die vor allem aus der Beobachtung des Kindes erwuchs, geleitet von den Fragen: „Wie geht es dem Kind?" - „Was braucht es?" - „Was tut ihm gut?". Diese Fragen sind auch für uns Ausgangspunkt für alles pädagogische Handeln.
4.1.1. nachgehende Führung
M. M. Schörl greift den von Fröbel stammenden Begriff der „Nachgehenden Führung" auf. „Erziehung soll in ihren Grundzügen nachgehend , nicht vorschreibend sein." (F. Fröbel) Die „Nachgehende Führung" beschreibt die Art und Weise der Gruppenleitung. Sie setzt eine gute Kenntnis der entwicklungsbedingten Situation des Kindes, seiner Lebenssituation und seiner familiären Situation sowie sorgfältiges Beobachten des Kindes voraus. Eine gute Beziehung zwischen Erzieherin und Kind schafft einen Raum, in dem auch die Beziehungen der Kinder untereinander wachsen können. „Nachgehende Führung" wendet sich dem einzelnen Kind, mehreren Kindern und auch der ganzen Gruppe zu, aber immer aufgrund der Einzelführung. Ihr Vorbild findet die „Nachgehende Führung" im biblischen Bild des guten Hirten.
Jesus ist der gute Hirte, der den Seinen nachgeht, bis er sie findet der ihnen nachgeht, weil er sie liebt der die Mühen des Nachgehens nicht scheut und auch den Verlaufenen nachgeht, bis er sie findet."
(Schmaus, M./Schörl,M., 1986, S.22)
4.1.2 Bildungsarbeit
Vielfältige Lebenssituationen im Kindergarten helfen dem Kind, die Welt zu erfahren und in sie hineinzuwachsen. Bildung hängt mit der Erfahrung zusammen: „Ich bin im Bilde, ich weiß, ich kenne mich aus, ich kann mir helfen!" Diese Erfahrung bedeutet Sicherheit. Die Leistung des Kindes besteht im Aufnehmen, Kombinieren von Vorstellungen und im geistigen Verarbeiten dieser Eindrücke. Über diesen Prozess der geistigen Verarbeitung, der vor allem im Spiel geschieht, kommt das Kind vom Eindruck zu Ausdruck, wobei der Ausdruck nicht einfach eine Kopie des Eindruckes ist. Dieser Prozess geschieht fortwährend und unbewusst aus dem Lebensdrang des Kindes heraus und braucht Zeit. Das Spiel des Kindes ist seine ureigene Art der Mitarbeit an seinem Hineinwachsen in die Welt, an seinem Werden zu Mitmenschen. „Immer suchen die kleinen Kinder unbewusst Rettung im Spiel; darum ist das Spiel unentbehrlich. Das Kind wächst und gedeiht durch das Spiel. Es spielt nachlebend und verarbeitet sowohl das Schöne und Aufbauende als auch das, was es belastet, quält und erschreckt -...-, aber das gesunde Kind entlastet und befreit sich in seinem Spiel, es bewährt sich und baut sich dabei auf." (a.a.O.,S. 146) Alles Tun der Erzieherin ist von ihrer Persönlichkeit geprägt. Ihre Leistung ist u.a. ein bewusstes Beobachten, Bedenken und Planen, um das Zustandekommen eines Bildungsgeschehens zu unterstützen und auch durch Bildungsmittel Hilfe zu Bewältigung von Kindheitsproblemen zu geben. „...Die Kindergärtnerin (muss) für das Zustandekommen eines Bildungsvorganges in differenzierender Weise sorgen: Sie muss den Kindern Erschau- und Erhorchbares sowie Erspielbares vermitteln und das in allen Einzelheiten der Praktizierbarkeit. Sie muss trachten, ‚Inhalte der geistigen Wirklichkeit', wie Wolfgang Klafki sagt, zu vermitteln, die geeignet sind, Kleinkinder geistig zu erschließen - und nicht nur irgendwie zu beschäftigen. Sonst käme wohl keine Mitarbeit des Kindes an seinem mitmenschlichen Werden zustande, kein Erfassen und Bewältigen seiner Welt." (Schmaus, M. 1985, S. ) Die Bildungsarbeit im Kindergarten verläuft über die Sprache und über den Umgang des Kindes mit Material. Die Sprache ist das Mittel der Kommunikation und der Information der Erzieherin und der Kinder, Möglichkeit des Ausdruckes von Lebensfreude und Humor. Bildungsarbeit über die Sprache beinhaltet auch alles „was mich anspricht", drinnen oder draußen, den Zuspruch von Trost und Mut, die Zusage des Angenommenseins; sie vermittelt dem Kind, ernstgenommen zu werden.Bildungsarbeit über die Sprache geschieht unter anderem
Bei der Auswahl und Beschaffung von Material ist es wichtig, die entwicklungsbedingte Situation der Kinder, ihre Interessen, Neigungen und Begabungen, ihre aktuelle Situation zu berücksichtigen und auch die Freude der Kinder an „echten" Dingen in die Wahl des Materials einzubeziehen. Weiter sind der Bildungs- und Spielwert von Materialien sowie die Frage, ob ein Material in der Handhabung stark vorgeformt oder offen ist, zu beachten. „Der Mensch, das Menschenkind will Dinge machen. Das ist nicht bloße Schaulust an dem Entstehen einer Form aus einer eben noch formlos anmutenden Materie: wonach das Kind verlangt, ist der eigene Anteil an diesem Werden der Dinge; es will Subjekt des Produktionsvorgangs sein. (...) Hier ist ein Trieb, der, zu welcher Mächtigkeit auch gesteigert, nie zu Begierde wird, weil er gar nicht auf ein ‚Haben', nur auf ein Tun aus ist; (...)" (Buber, M: in:Scheuerl, H.,Hrg. 1992, S. 313,f)
4.1.3 Unterweisungen/ Einführungen
Die Unterweisungen/Einführungen sind eine Form der Führung, die das kleinkindliche Lernen unterstützen und dem Kind im Umgang mit Dingen und Material, wie auch im Zusammenleben zu größerer Selbständigkeit verhelfen. „Unterweisungen sind , wie ihr Name andeutet, ein Weisen von unten her, das heißt: vom Anfang her, und bedeutet: einen guten Anfang machen."(Schmaus, M.,/Schörl,M.,1986,S.48) Bei den Unterweisungen/Einführungen werden Handlungsabläufe und Handhabungen z.B. von Material gezeigt und mit wenigen erklärenden oder beschreibenden Worten begleitet. Sie ergänzen das durch das Vorbild der Erzieherin Gesehene und Gelernte, und schon bald sind die Kinder in der Lage, Unterweisungen an andere Kinder weiterzugeben. M. Montessori macht in ihren „Geboten für den Erzieher des jungen Kindes" deutlich, wie Unterweisungen den Kindern zu größerer Selbständigkeit und Freiheit verhelfen können. Eines der Gebote lautet: Sie (Lehrer/Erzieher) müssen"...den Gebrauch der Dinge lehren , ausführend zeigen, wie sich die Übungen des praktischen Lebens vollziehen: und dies mit Anmut und Genauigkeit, damit alles in der Umgebung von dem benutzt werden kann, der es wählt." (Schmutzler, H.-J., 1991, S. 122)
4.1.4 Raumteilverfahren
Um der Spielfreude, der Spontanaktivität und dem Bewegungsdrang des Kindes Raum zu geben, um seiner Gemeinschaftssituation zu entsprechen, um die von uns angestrebte Erziehung zu Mitmenschlichkeit zu unterstützen, wenden wir das von M.M. Schörl entwickelte „Raumteilverfahren" in unseren Einrichtungen für Kinder als sozialpädagogische Methode der Spielführung an. Diese Spielbereiche werden von der Erzieherin ausgestaltet, damit die Kinder Zeit und Kraft für das eigentliche Spiel in diesen Bereichen Die drei immobilen Raumteile: Puppenwohnung, Bauplatz und Bilderbuchplatz sind in jeder Gruppe vorhanden. Als geschützte Plätze sind sie drei wichtige Spiel- und Erfahrungsbereiche der Kinder. haben. Neben diesen immobilen Bereichen im Gruppenraum sind viele mobile Raumteile vorhanden. Es sind Tische, Stühle, Fußbänke, Hocker, freier Platz zum Spielen am Boden. Sie werden aus der konkreten Situation heraus von den Kindern genutzt, um sich Orte und Plätze nach eignen Ideen selbständig zu gestalten, an denen sie sich zu kleinen Spielgruppen zusammenfinden, sich Arbeitsplätze einrichten oder sich für eine Einzelarbeit Raum schaffen. Der Aufbau mobiler Raumteile kann sehr viel Konzentration, Ausdauer und physischen Krafteinsatz erfordern, wie es zum Beispiel bei der Errichtung eines Verkaufsstandes deutlich wird. Wichtig für derlei Vorhaben ist:
So können sich die Kinder im kreativen Schaffen erproben und werden nicht durch fertige, vorgeformte Spielteile an dieser Form des Schaffens gehindert. M. M. Schörl sagt: „Selber denken macht gescheit!" Im Gruppenraum sollen „gute Plätze" sein, die die Kinder zum Verweilen einladen. Orte, an denen es einfach gut ist „zu sein".
4.1.5 Tagesgestaltung
Die Gestaltung des Tages im Kindergarten entspricht dem Bedürfnis des Menschen nach einem Wechsel von Spannung und Entspannung. Dies zeigt sich in einer groben Zweiteilung des Vormittags. Ist die erste Spielzeit geprägt vom „Ankommen", dem „gleitenden" Frühstück, dem intensiven, oft sehr lebhaften und bewegten Rollenspiel, so gestaltet sich die zweite Spielzeit eher durch ruhigeres Spielverhalten der Kinder. Der „Übergang" zwischen diesen Spielzeiten ist ein Durchatmen und Zur-Ruhe-Finden. Immer ist die konkrete Situation der Kinder mit entscheidend für die Gestaltung des Kinderalltags. Auch hier gilt die Frage: „Wie geht es dem Kind? Was braucht es?" Das ganze Jahr ist durchzogen von großen Festen im Jahreskreis, die in der ganzen Einrichtung begangen werden und den gewohnten Tagesablauf auch verändern. Der Gruppenalltag wird außerdem häufig durch kleinere persönliche Feiern wie z.B. Geburtstagsfeiern belebt, die für die Kinder Höhepunkte im Zusammenleben darstellen. Sie stärken den Zusammenhalt der Gruppe und lassen das einzelne Kind seinen Wert, seine Kostbarkeit erfahren.
4.2. Ausformung unserer religionspädagogischen Arbeit
Wesentlich für unsere religionspädagogische Arbeit ist uns die Orientierung am einzelnen Kind in seiner einmaligen Personalität, Freiheit und Würde, nach dem Vorbild Jesu Christi, der ein Kind nahm und es in die Mitte stellte, als ein Beispiel für uns. Das Angebot Jesu „Kommt und seht" (Joh 1,39) soll auch unser Glaubensleben mit den Kindern prägen. Gemeinsam mit ihnen und im Beispielgeben wollen wir in Ausrichtung am Evangelium christliche Werte erfahren, sie miteinander leben und gemeinsam Antworten auf Fragen suchen.In unserem Leben mit den Kindern soll die Nähe des liebenden Gottes erfahrbar werden und so unter uns Gottes Reich wachsen. Am Aufbau seines Reiches mitzuwirken und „Gottes Güte sichtbar werden zu lassen" (Vinzenz v. Paul), heißt für uns, zu sorgen, dass Raum entsteht, in dem für jeden Heil erfahrbar wird. Dies kann nur gelingen in einer Atmosphäre des Vertrauens, der Zwanglosigkeit, der gegenseitigen Achtung und Anerkennung, nur dort, wo im Miteinander und Füreinander-da-sein jeder einzelne „groß" und wichtig ist, sein Eigen-sein leben und entfalten darf, wo aber auch in uneingeschränkter Solidarität mit jedem Menschen Wege der Gerechtigkeit, der Versöhnung und des Verstehens gesucht werden. Für das kleine Kind ist religiöses Erfahren und Lernen vor allem Teilnahme am Glauben der Erwachsenen. Das, was der Erzieherin wichtig ist, wird auch für das Kind eine besondere Bedeutung erlangen, denn gerade für das kleine Kind gilt: „Der Mensch kann nicht Grundsätzen nachleben, sondern dem Menschen." (M Margarete Schörl) So sehen wir unseren religionspädagogischen Auftrag vorrangig darin, die alltäglichen Situationen und Ereignisse und menschliche Erfahrungen wir Trauer, Wohlsein, Krankheit und Angst, ernstnehmend und bewusst mit den Kindern zu leben und darin Wege christlicher Hoffnung, des Glaubens und der Liebe zu suchen und zu eröffnen. Es gilt, Grunderfahrungen der Geborgenheit, des Angemommenseins und der Sicherheit zu vermitteln und zu kräftigen und das Erlernen eines mitmenschlichen Umgangs mit Unsicherheit, Schuld, Streit und Schwachheit zu ermöglichen. Damit das gelingen kann, brauchen auch wir die Erzieherinnen, Räume des Miteinanders, des Gesprächs, des Austausches und Möglichkeiten, für uns selbst Erfahrungen des miteinander gelebten Glaubens zu machen. Im Gestalten des Tages mit den Kindern kann dann erfahrbar werden, was auch für uns Wichtigkeit erlangte. Im Feiern unserer christlichen Feste geht es uns vorrangig nicht um Wissensvermittlung, sondern um das Feiern menschlicher Erfahrungen mit Gott. So können alltägliche Situationen spontan zu „Festen" werden, in denen wir Freude und Dank erleben und mit Gott verbinden. Wichtig für das kleine Kind ist auch das Erleben christlicher Traditionen in wiederkehrenden Festen, Ritualen und Bräuchen, durch die ein Anknüpfenkönnen an bereits gemachte Erfahrungen und damit jeweils eine Vertiefung möglich wird. Durch die Gestaltung eines Platzes im Gruppenraum, an dem Bilder und Zeichen unseres Glaubens zum Verweilen anregen. oder auch durch ein Teilnehmenlassen der Kinder an „erwachsenem" Liedgut und Gebet, können wir ebenfalls vermitteln und anbieten, was uns selbst wichtig geworden ist und uns Lebenskraft gibt. Darüber hinaus wird es immer wieder sinnvoll sein, auch eigene kindliche Formen im Gebet und Lied, in Erzählungen und Bildern und in unseren Gottesdiensten zu suchen und einzubringen. dabei ist es uns besonders wichtig, Gottes helfende, heilende und tragende Liebe zu vermitteln, die in Jesus Christus Gestalt angenommen hat und erfahrbar wird.Über all unserem Tun aber steht für uns der Auftrag Jesu Christi, den wir in der Kraft seines Geistes, den er uns zugesagt hat, zu verwirklichen suchen: "Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben." (Joh. 13,34)
5. Arbeit und Aufgabe der Erzieherin
Unsere Arbeit und Aufgabe als Erzieherin soll sich am Wohl und an den Bedürfnissen des Kindes orientieren. Voraussetzung dafür ist ein grundsätzliches Interesse am Menschen. Die leitenden Fragen im pädagogischen Alltag sind für uns darum: „Wie geht es dem Kind? Was braucht das Kind, um sich wohl zu fühlen?" (M. M. Schörl) Unsere wichtigste Aufgabe sehen wir darin, dem Kind leben zu helfen und ihm die Welt zu erschließen. Dies geschieht mittels Aufmerksamkeit, Einfühlungsvermögen, Dasein für das Kind, Zeit haben, Hören und Schauen. In solchem Beobachten und Wahrnehmen kann sich die Grundlage für alles pädagogische Tun entfalten, die Sensibilität für das eigentliche Fragen und Suchen des Kindes, für sein Sein und für das, was es nötig hat. Vorrangig suchen wir nicht besondere Aktivitäten anzubieten, sondern mit den Kindern und für sie präsent zu sein, um dem gemeinsamen Leben Gestalt zu verleihen. „Nichts formt ein Kind so stark wie das Sein und Tun seiner Erzieherin. Was die Erwachsenen tun, was Ihre Person ausstrahlt, das nehmen sie auf." Erzogensein ist nicht einfach das Ergebnis von bestimmten Maßnahmen und Vorschriften, sondern ist aufs engste mit der Persönlichkeit des Erziehers verknüpft, mit dem Klima, in dem ein Kind aufwächst." (M. M. Schörl) Wir wissen uns verantwortlich für eine Atmosphäre des Wohlwollens, in der sich eine gute Beziehung zwischen dem einzelnen Kind und uns und zwischen den Kindern untereinander entwickeln kann. Nur in solch einer Atmosphäre kann sich ein jedes Kind geliebt und in seiner Einmaligkeit angenommen wissen und jenen Handlungsspielraum erfahren, den es benötigt. In einer Haltung des Abwartens, der Geduld, des Vertrauens und Zutrauens, des Aushaltens und des Miteinanders, kann dem Kind Raum und Zeit gewährt werden, um zu wachsen und sich zu entfalten, um es selbst zu sein, seine Möglichkeiten zu erproben, neue Schritte zu wagen und um seine Fähigkeiten und Fertigkeiten zu festigen. Durch ansprechende Impulse, die dem Kind in seiner entwicklungs- und umweltbedingten Situation entsprechen und seine Interessen und Begabungen gerecht werden müssen, versuchen wir den Prozess der Entwicklung zu fördern. Solche Impulse können sehr vielseitig und vielgestaltig sein. Sie ergeben sich häufig aus den alltäglichen Dingen und Ereignissen oder erwachsen aus den Notwendigkeiten und Gegebenheiten, die die Kinder ein- und mitbringen. Immer aber muss die Erziehung des Kindes für uns als erstes auf Selbstverantwortung hinzielen, vom Gedanken der Mitmenschlichkeit geprägt sein und seine einmalige Personalität berücksichtigen. Viele Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickelt und lernt das Kind durch Beobachten, Erleben und Mitarbeiten. Wesentlich gehören darum zu unserer Arbeit vor und mit den Kindern alle Tätigkeiten, die sich im gemeinsamen Lebensraum des Kindergartens ergeben, so z.B. jene, die aus den Aufgaben für die Kinder entstehen. Das können vorbereitende Arbeiten sein, Materialpflege, die täglich anfallenden Hausarbeiten, pflegerische Aufgaben beim Kind oder gemeinsam entwickelte Aktivitäten. Dabei sollen die Kinder uns auch erleben, wenn wir auf unserem eigenen Niveau und in anderen Räumen Arbeiten verrichten, die für das Zusammenleben wichtig sind. Auf diesem Weg können wir Kindern interessante und für ihre Bildung wertvolle Eindrücke vermitteln. Sie erhalten so die Möglichkeit, auf ihre Weise „übernehmen" und lernen zu könne, aufzunehmen, um das Gesehene und Erlebte dann im Spiel und im eigenen Tun ausdrücken, nachahmen und umsetzen zu können. Um all dies zu ermöglichen, ist es unsere Aufgabe, für eine ansprechende Ausgestaltung und Aufteilung des Raumes Sorge zu tragen. Die dabei angestrebte Ordnung dient der Überschaubarkeit, die dem Kind Orientierung und Hilfestellung bietet. Zu beachten bleibt für uns dabei, dass der Gruppenraum ein Wohn- und Lebensraum sein soll, im dem Kinder und Erzieherinnen miteinander leben lernen und leben können. Unser Selbstverständnis als Vorbild, Beraterin und Begleiterin des Kindes auf dem Weg zur Selbständigkeit, wie auch unsere Bereitschaft zur Reflexion des eigenen pädagogischen Tuns und Verhaltens, sind die von uns selbst in den Erziehungsprozess einzubringenden Voraussetzungen. Erziehung als professionelle Aufgabe schließt kontinuierliche Selbsterziehung ein. Das bedeutet für uns auch, dass wir uns verpflichtet wissen, regelmäßig Fortbildungen sowohl unserer persönlichen als auch unserer fachlichen Kompetenzen wahrzunehmen. M. M. Schörl sagt: "Ein Erzieher ist soviel wert, als er sich wandeln kann - dann darf er auch von anderen Wandlung erwarten."
6. Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen
Das Zusammenleben und -arbeiten im Mitarbeiterinnenteam wollen wir aufbauen auf gegenseitige Achtung und Wertschätzung einer jeden in ihrer Einmaligkeit, mit ihren individuellen Stärken, Begabungen und Fähigkeiten, Eigenarten und Begrenztheiten. Wir mühen uns um einen geschwisterlichen Umgang miteinander und um Offenheit und Vertrauen untereinander. Wir wissen uns, unabhängig von Fähigkeiten, Ausbildung und Aufgabenstellung als gleichwertige Mitarbeiterinnen im gemeinsamen Wirken zum Wohl unserer Kinder. Zu diesem Wohl der uns anvertrauten Kinder ist es unumgänglich, im pädagogischen Tun gemeinsame Ziele anzustreben und gangbare Wege miteinander zu suchen und zu gehen. Dies setzt einen regelmäßigen Austausch voraus, sowohl über unsere täglichen Erfahrungen und unser Tun, als auch über unsere pädagogischen und christlichen Grundlagen und unser pädagogisches Konzept, das auf diesen aufbaut. Das Team hat deshalb dafür Sorge zu tragen, dass unter anderem die von der Trägerin hierfür gewährten Besprechungszeiten und -tage eingeplant und genutzt werden. Im Blick auf die unterschiedlichen Fähigkeiten und Interessen gestehen wir uns gegenseitig eigenes Erproben und Einbringen von individuellen Schwerpunkten in der jeweiligen Gruppenarbeit zu. Dies fordert auch die Bereitschaft der einzelnen Mitarbeiterin ein, die ihr gegebenen Begabungen einzubringen und zur Verfügung zu stellen, soweit dies für sie selbst nicht zur Überforderung wird. Untereinander wollen wir bemüht sein, darauf zu achten, was für die einzelne gut ist, was eine jede für ihre Entfaltung und ihr Wohl braucht. Auf dieser Grundlage kann dann ein Raum entstehen, in dem es für jede von uns möglich und wichtig wird, auch Probleme ins gemeinsame Gespräch einzubringen. Dabei sollten wir gewiss sein können, nicht Lösungen und Hilfestellungen zu erhalten, die den Charakter fertiger Rezepte haben. Dort, wo grundsätzliches Angenommensein unsere Zusammenarbeit prägt, können wir auf ein gemeinsames Fragen und Suchen von Wegen vertrauen. Um uns gegenseitig zu ermutigen und zu stärken, suchen wir auch immer wieder, unsere Freude und Hoffnung, unsere Sorgen und Nöte miteinander zu teilen und danach Ausschau zu halten, was uns miteinander und füreinander zur „Herzensstärkung" dienen kann. Auch für unser Miteinander im Erzieherinnenteam kann uns da Wort des hl. Vinzenz von Paul: „Herzlichkeit ist die kleine Münze der Liebe" viel sagen. Die Begegnung und das Gespräch mit Mitarbeiterinnen anderer pädagogischer Einrichtungen und in besonderer Weise mit Kolleginnen aus den Einrichtungen der Kongregation, sind uns ein wichtiges Anliegen, um Gedanken und Erfahrungen auszutauschen.
7. Arbeit und Aufgabe der Leiterin des Kindergartens
Die Leiterin des Kindergartens trägt in besonderer Weise Verantwortung für ein gutes Miteinander im Erzieherinnenteam und für die Sorge um jede einzelne. Ebenso weiß sie sich verantwortlich für die Durchführung des Pädagogischen Konzeptes und der daraus resultierenden Zielsetzungen und sorgt für die Findung eines einheitlichen Stils in der gelebten Pädagogik des Kindergartens. Das Prinzip der Nachgehenden Führung kann auch ihr Hilfestellung für die Art ihrer Leitungstätigkeit sein. Der Leiterin wird es immer wieder ein Anliegen sein, eine größtmögliche Beteiligung aller an Planungen, Entscheidungen und Durchführungen anzustreben und sich in der Gruppe der Erzieherinnen selbst auch als Lernende zu verstehen. Ebenso ist von ihr Mut zur Positionsbeziehung und weisenden Führung gefordert. Im Rahmen der Stellenbeschreibung der Kongregation für die Position der Leiterin ist sie entscheidungs- und weisungsbefugt. Der Leiterin des Kindergartens obliegt in besonderer Weise auch die Aufgabe einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Trägerin der Einrichtung. Die Trägerin ihrerseits unterstützt die Leiterin in ihrer Verantwortung und Aufgabe. Im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen werden Trägerin und Leiterin auch um eine fachliche Weiterbildung und um einen geeigneten fachlichen Austausch für die Leiterin bemüht sein. Die Kongregation der Barmherzigen Schwestern steht im Sendungsauftrag der katholischen Kirche. Gemeinsam mit der Leiterin weiß sie sich verantwortlich für die Ausprägung des christlichen Charakters der Einrichtung (vgl.: Die deutschen Bischöfe, 1993, S. 9) Im Bereich der Elternarbeit wägt die Leiterin die unterschiedlichen Interessen, Anforderungen und Möglichkeiten ab und sucht verantwortlich nach gemeinsamen Wegen.
8. Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Kindergarten
Wir verstehen uns als Erziehungspartnerinnen der Eltern der uns anvertrauten Kinder. Im Rahmen unserer Pädagogischen Konzeption wollen wir gemeinsam mit den Eltern zum Wohl der Kinder familienunterstützend und familienergänzend tätig sein. Dies bedeutet für uns in der Zusammenarbeit mit den Eltern an erster Stelle, immer wieder neu um einen vertrauensvollen und partnerschaftlichen Umgangsstil besorgt zu sein. In Offenheit für die Lebens- und Familiensituationen suchen wir im Gespräch miteinander, die Wünsche und Vorstellungen der Eltern kennen zu lernen und unser Leben mit den Kindern für die Eltern transparent werden zu lassen. Das beinhaltet für uns, dass wir eine aktive Mitarbeit der Eltern begrüßen und sie nach Möglichkeit an aktuellen Fragen und Überlegungen beteiligen. Darüber hinaus sind die Eltern im „Pädagogischen Beirat" durch die gewählten Vertreterinnen und Vertreter in die gemeinsame Verantwortung hineingenommen. Die Formen der jeweiligen Elternarbeit sowie der Angebote für Eltern werden immer wieder neu je nach vorhandenen Interessen und Gegebenheiten zu suchen sein. Vor allem müssen Möglichkeiten und Räume des Austausches und der Begegnung mit anderen Eltern und mit allen an der Erziehung Beteiligten geschaffen werden. Gemeinsames Erleben, Sprechen, Lernen, Spielen und Feiern stiftet Gemeinschaft und schafft eine Atmosphäre, in der es möglich wird sich gegenseitig in der Erziehungsaufgabe zu stärken und einander helfen und begleiten zu können.
9. Zusammenarbeit mit der Pfarrgemeinde
Als katholische Einrichtungen wissen wir uns der Gemeinschaft der Kirche verbunden und verstehen uns als Teil von ihr (vgl.: Die deutschen Bischöfe, 1993, S. 8). Dies bedeutet für uns vor allem auch, eine gute Zusammenarbeit mit der jeweiligen Pfarrgemeinde und den in ihr verantwortlich Tätigen anzustreben. Bei der konkreten Ausgestaltung dieser Zusammenarbeit durch persönliche Kontakte, gemeinsame Unternehmungen und Feiern oder in Gremien wie dem „Pädagogischen Beirat", wird jede Einrichtung, entsprechend der örtlichen Situation, eigene Wege suchen und finden müssen. Tragend für die Zusammenarbeit mit der Pfarrgemeinde ist uns der Gedanke der Weggemeinschaft und das Bestreben, unseren Kindern und ihren Familien eine Teilnahme an den verschiedenen Formen gelebten christlichen Glaubens zu ermöglichen. „Dort, wo Leben in gegenseitiger Solidarität miteinander geteilt wird, hat der glaube nicht nur eine Chance, dort beginnt er." (Zentralverband kath. Kindergärten und Kinderhorte Deutschlands e.V., 1989, S.42)
10. Zusammenarbeit mit anderen Institutionen
Vielseitige und gute Kontakte zu anderen Einrichtungen und Institutionen werden für uns immer wichtiger. Angesichts zunehmender Problemfelder im Erziehungsbereich sowie einer wachsenden Spezialisierung der sozialen Dienste, sehen wir es im Interesse einer ausgewogenen, ganzheitlichen und Heil wirkenden Erziehung als unerlässlich an, uns über vorhandene Organisationen, Beratungs- und Hilfsangebote in unserem Einzugsbereich zu informieren und regelmäßige Verbindungen zu ihnen zu pflegen. Zu nennen sind hier vor allem Kontakte zu kirchlichen, staatlichen und privaten Beratungsstellen wie z.B. Erziehungs- und Fachberatung, Familienberatung, Suchtberatung, Schuldnerberatung, zu Ämtern wie dem Jugend- und Sozialamt, zu Vereinen, Selbsthilfegruppen und Familienkreisen. Die Inanspruchnahme der örtlich gegebenen Beratungsangebote und Austauschmöglichkeiten ist für uns wichtig, um unsere Arbeit im Kindergarten zu reflektieren und zu verbessern und unseren Kindern notwendige Hilfestellungen geben zu können. Gleichzeitig ist uns die Kontaktaufnahme zu den benannten Institutionen und Angeboten aus dem Gedanken der Vermittlungsmöglichkeit heraus wichtig. Der Kindergarten entwickelt sich immer mehr zu einer primären Kontaktstelle für junge Eltern und Familien, die auch für ihre Fragen, Probleme und Interessen Angebote, Lösungen und Hilfestellungen suchen. Gelebte Solidarität mit ihnen bedeutet für uns auch, Möglichkeiten des Weitergehens erschließen zu helfen. Von besonderer Bedeutung ist für uns ebenfalls die Zusammenarbeit mit den ortseigenen Grundschulen, mit Fachschulen und allgemeinbildenden Schulen, um unseren Kindern einen guten Übergang in die Schule zu ermöglichen, unsere pädagogische Arbeit transparent zu machen und vorbereitend Informationen über den Erzieherinnenberuf zu vermitteln. Als Teilbereich des Gemeinwesens sind wir gleichzeitig eine Einrichtung kirchlicher Caritas. Es entspricht unserem christlichen Auftrag, gemäß unserem Menschen- und Weltbild, über den Kindergarten hinaus Impulse in unsere pluralistische Gesellschaft einzubringen.